Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und kirchliche Wohlfahrtsverbände warnen in der Haushaltsdebatte vor Kürzungen des Bürgergeldes. Es sei moralisch unverantwortlich und mit der Verfassung nicht vereinbar, Bürgergeldberechtigten eine Anpassung der Regelsätze zu verwehren, sagte Heil am Montag in Berlin. Zuvor hatte die FDP die geplante Bürgergelderhöhung infrage gestellt. Die Union verlangte Einsparungen unter anderem beim Bürgergeld und der Kindergrundsicherung.
Das Bürgergeld bringe Menschen in Arbeit und sichere zugleich die Existenz von Menschen in Not ab, erklärte Heil. Dazu zählten Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche, Kranke, Menschen mit Behinderung und Rentner. Sie seien angesichts stark gestiegener Strom- und Lebensmittelpreise auf ergänzende Leistungen angewiesen. "Deutschland ist und bleibt ein sozialer Rechtsstaat. Anstand, Solidarität und Nächstenliebe sind eine Stärke unserer Gesellschaft", sagte der SPD-Politiker.
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte, eine Existenzsicherung nach Kassenlage verstoße gegen die Grundprinzipien des Sozialstaates und gegen das Verfassungsrecht. Es gebe viele Menschen, die es trotz massiver Bemühungen nicht schafften, aus der Armut herauszukommen. Das liege auch am Niedriglohnsektor, in dem Menschen häufig in Vollzeit arbeiteten und trotzdem nicht genug zum Leben hätten.
Laut Caritas-Chefin Eva Maria Welskop-Deffaa wäre es "fatal", nach dem Karlsruher Urteil hauptsächlich bei sozialen Ausgaben zu sparen. Viele soziale Leistungen wie frühe Hilfen, Kitas und Jugendsozialarbeit seien Zukunftsinvestitionen, sagte sie im Interview des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Dem Paritätischen Gesamtverband zufolge gleicht die geplante Bürgergelderhöhung nur die Inflation aus und ist als solche sogar zu gering. Nach Berechnungen der Forschungsstelle des Verbandes muss der Regelsatz auf mindestens 813 Euro für alleinstehende Erwachsene angehoben werden, um vor Armut zu schützen.
Die aktuell abflachende Inflationsrate als Begründung für Kürzungen beim Bürgergeld heranzuziehen, geht laut dem Verband an der Sache vorbei. So sei das allgemeine Preisniveau seit 2021 um 13 Prozent, die Preise für Lebensmittel seien im Zwei-Jahres-Vergleich um 27 Prozent gestiegen. Real und an Kaufkraft gemessen hätten die Menschen damit weniger im Portemonnaie als vorher. (KNA)