Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken
zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes und anderer Gesetze (Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetz)*
I. Allgemeine Erwägungen
Der Familienbund unterstützt das Ziel des Entwurfs, den Unterhaltsvorschuss zu entbürokratisieren und alleinerziehenden Elternteilen die Antragstellung zu vereinfachen. Dem Anspruch, Verbesserungen für alleinerziehende Elternteile zu erreichen, wird der Entwurf allerdings nur sehr bedingt gerecht. Im Wesentlichen haben die Maßnahmen den Abbau des Verwaltungs- und Prüfaufwandes im Blick. Sie führen in Einzelfällen auch zu Verschlechterungen bei den Betroffenen. Die im Koalitionsvertrag zugesagte Gewährung der Leistung bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres des Kindes wird mit dem Entwurf nicht umgesetzt.
II. Zu den Regelungen im Einzelnen
1. Artikel 1 Nr. 1 a – Höhe der Unterhaltsleistung (§ 2 Abs. 1 S. 1 Unterhaltsvorschussgesetz UVG)
Gesetzesentwurf
Die Übergangsregelung zur Festsetzung von Mindestbeträgen, die eine Absenkung der nach dem UVG zu leistenden Unterhaltsleistungen durch das Erste Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes verhindern sollte, wird gestrichen.
Bewertung
Die terminologische Anpassung des Gesetzestextes ist korrekt. Es ergibt sich keine sachliche Verschlechterung für den betreuenden Elternteil, sofern das Existenzminimum in Zukunft nicht abgesenkt wird.
2. Artikel 1 Nr. 1 b – Anrechnung von Unterhaltszahlungen (§ 2 Abs. 3 UVG)
Gesetzesentwurf
Leistungen des unterhaltspflichtigen Elternteils sind auf den Unterhaltsvorschuss anzurechnen. Der Entwurf stellt klar, dass dabei alle unterhaltsrelevanten Leistungen für den Mindest- und regelmäßigen Mehrbedarf, die unmittelbar dem Kinde zu Gute kommen, zu berücksichtigen sind, auch wenn sie an Dritte erfolgen. Zu den von der Klarstellung erfassten anzurechnenden Zahlungen gehören insbesondere Beiträge für die Betreuung in Kindertageseinrichtungen.
Bewertung
Der Familienbund bewertet die geplante Klarstellung kritisch. Zwar wird das Ziel der Neufassung, eine einheitliche Verfahrensweise zu erreichen, anerkannt. Auch ist die Intention des Entwurfs nachvollziehbar, zu verhindern, dass der Unterhaltsvorschuss den Grundbedarf des Kindes aus öffentlichen Mitteln deckt und der unterhaltspflichtige Elternteil „nach Gutdünken“ zusätzliche Leistungen für das Kind erbringen kann. Für den betreuenden Elternteil können sich allerdings strukturelle Verschlechterungen ergeben. Diese betreffen vor allem die Fälle von Zahlungen des unterhaltspflichtigen Elternteils an Dritte. Aus Sicht des betreuenden Elternteils ist es qualitativ ein Unterschied, ob von dem unterhaltspflichtigen Elternteil Geld zur eigenverantwortlichen Verfügung erhalten wird oder faktisch „nur“ eine Sachleistung infolge der Zahlung an einen Dritten. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Zahlungen an Dritten nicht die Verbindlichkeit und Verlässlichkeit inne wohnt wie Zahlungen an den betreuenden Elternteil auf der Grundlage eines titulierten Anspruchs.
3. Artikel 1 Nr. 2 – Dauer der Unterhaltsleistung (§ 3 UVG)
Gesetzesentwurf
Der Unterhaltsvorschuss wird längstens für insgesamt 72 Monate gezahlt. Der Entwurf stellt klar, dass der Leistungszeitraum auch dann verbraucht wird, wenn es später zu einer Rückabwicklung des Unterhaltsvorschusses kommt, weil der Bescheid widerrufen oder zurückgenommen wurde.
Bewertung
Der Familienbund anerkennt das Bemühen, mit der Klarstellung den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und ein Prozessrisiko zu mindern. Sie führt allerdings in Einzelfällen zu einer Leistungseinschränkung bei einer nachfolgenden Bedarfslage. Für rechtswidrig gezahlte Leistungen entspricht die Neuregelung der bisherigen Rechtsauffassung, bei Vorleistung und nachfolgender Änderung war eine Anrechnung auf die Leistungsdauer bislang abgelehnt worden (Helmbrecht UVG 5. Aufl. 2004 § 4 Rn 2, Rancke § 3 Rn 3).
Zu überdenken ist grundsätzlich die Beschränkung des Bezugszeitraums. Der Bezugszeitraum von maximal 72 Monaten kann keine Situationen verhindern, in denen nach Ablauf dieses Zeitraumes die Unterhaltszahlungen des unterhaltspflichtigen Elternteils an das Kind ausbleiben und in der Folge eine Verschärfung der wirtschaftlichen Situation des Kindes und des betreuenden Elternteils eintritt.
4. Artikel 1 Nr. 3 – Beginn des Anspruchs (§ 4 UVG)
Gesetzesentwurf
Bislang wird der Unterhaltsvorschuss rückwirkend für einen Monat vor der Antragstellung gezahlt, wenn sich der betreuende Elternteil um die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs bemüht hat. Der Entwurf sieht vor, dass die Zahlung erst ab dem Monat der Antragstellung beginnen kann.
Bewertung
Der Familienbund sieht die Neuregelung kritisch. Zwar wird der Verwaltungsaufwand reduziert. Der Entwurf stellt jedoch in Einzelfällen insofern eine Schlechterstellung des betreuenden Elternteils dar, als eine rückwirkende Gewährung des Unterhaltsvorschusses nunmehr ausgeschlossen ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang die besondere Belastung allein erziehender Elternteile in
Trennungssituationen, die einer rechtszeitigen Antragstellung in der Praxis entgegen stehen kann. Eine rückwirkende Gewährung des Unterhaltsvorschusses kann insbesondere dann wichtig sein, wenn aufgrund der verspäteten Antragstellung Schulden entstanden sind.
5. Artikel 1 Nr. 4 – Auskunfts- und Anzeigepflichten (§ 6 UVG)
Gesetzesentwurf
Der Entwurf sieht vor, den Rückgriff auf den unterhaltspflichtigen Elternteil durch eine Erweiterung der Auskunftsansprüche der zuständigen Stellen effektiver zu gestalten. Insbesondere werden die zur Auskunft befugten Sozialleistungsträger verpflichtet, auf Verlangen auch Angaben über den Arbeitgeber des unterhaltspflichtigen Elternteils zu machen. Außerdem dürfen die für den Rückgriff zuständigen Stellen das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, Daten bei Kreditinstituten abzurufen, soweit es für die Ermöglichung eines Rückgriffs erforderlich ist.
Bewertung
Im Interesse eines verbesserten Rückgriffs werden die Maßnahmen trotz der Einschränkung des Datenschutzes begrüßt.
Berlin, 12. Oktober 2011
Familienbund der Katholiken
*Verantwortlicher Referent beim Familienbund der Katholiken: Markus Faßhauer